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Das Modusmodell

Entstehung

Im Verlauf seiner Arbeit mit schweren Persönlichkeitsstörungen stellte Young fest, dass bei diesen Störungen, besonders bei der Borderline-Störung, in einem emotionalen Zustand (z.B. ängstliche Hilflosigkeit) oft mehrere Schemata gleichzeitig aktiviert sind (z.B. Emotionale Entbehrung, Verlassenheit/Instabilität, Missbrauch, Verletzbarkeit). Hier schien es ihm sinnvoller, mit den emotionalen Zuständen als mit den einzelnen Schemata zu arbeiten, zumal an den raschen Affektwechseln der BPS dann fast alle Schemata beteiligt sein können.

Ausserdem bringen das Schema und seine Bewältigungsform oft unterschiedliche emotionale Zustände hervor. Während z.B. das aktivierte Schema „Emotionale Entbehrung“ zunächst mit der kindlichen primären Emotion „ängstliche Hilflosigkeit“ verbunden ist, kann diese bei einem kompensatorischen Bewältigungsstil vom Betroffenen kaum wahrgenommen werden und sofort durch die sekundäre Bewältigungsemotion „Wut“ ersetzt werden. Auch ein Wechsel in die Emotion „Selbsthass“ ist möglich. Und um die Herkunft der emotionalen Zustände besser greifbar zu machen, war es eine naheliegende Metaphorisierung, zwischen Kind-, Eltern- und Bewältigungsmodi zu unterscheiden. Der Schritt vom Schemamodell zum Modusmodell bedeutet insofern auch den Übergang von einer kognitions- zu einer emotionsakzentuierten Sichtweise

Bei Menschen mit selbstunsicherer oder narzisstischer PKS können die Bewältigungsmodi so sehr die Interaktion dominieren, dass das damit verknüpfte Schema und die primären Emotionen schwer zugänglich sind.

Da überdies das Schemamodell in der Praxis einige Schwierigkeiten aufwirft (z.B. in Youngs Unterscheidung zwischen unkonditionalen und konditionalen Schemata bzw. „Bewältigungsschemata“) wird heute zunehmend therapeutisch direkt mit dem Modusmodell gearbeitet. Auch die aktuellen europäischen Forschungen zur Schematherapie (z.B. in Maastricht, Mainz und Freiburg) orientieren sich daran.

Schemamodus

Ein Schemamodus ist ein affektiver Zustand, in dem entweder die ursprüngliche Emotion oder die Bewältigungsemotion eines Schemas oder mehrerer gleichzeitig aktivierter Schemata zum Ausdruck kommt. Die Schemamodi werden in 4 Kernkategorien eingeteilt: die kindlichen Modi, die Elternmodi, die dysfunktionalen Bewältigungsmodi sowie den Modus des „gesunden Erwachsenen“ (s. Abb. 2).

Maladaptative Bewältigungsmodi

Erdulden Ergebener Mitmacher
Ist übermässig angepasst und autoritätsgläubig, konfliktvermeidend, stellt eigene Ansprüche zurück und versichert sich bei anderen. Im Extremfall lässt er widerspruchslos zu, dass schlecht mit ihm umgegangen wird.
Anhänglichkeit, Sicherheit
Vermeiden Distanzierter Beschützer
Wirkt kontrolliert und fassadenhaft, manchmal kühl und distanziert, Emotionen sind abgeschaltet und nicht zugänglich. Charakteristisch sind Leere, Langeweile, psychosomatische Beschwerden.
Innere Leere
  Distanzierender Selbstberuhiger
Betreibt (oft suchtähnlich) Ersatzaktivitäten, um schmerzhafte Emotionen nicht wahrzunehmen: Substanzmissbrauch, Workaholismus, exzessiver Sport, eigentlich jede Art exzessiver Zerstreuung, aber auch Dauerfernsehen, Essanfälle. Selbstverletzungen, wenn sie der Spannungsreduktion dienen.
Entspannungsdrang
  Ärgerlicher Beschützer
Reagiert gereizt, ironisch und abweisend, wirkt mürrisch. Fühlt sich bei Anforderungen durch andere bedroht, reagiert dann auch aggressiv und entwertend.
Reizbarkeit
Überkompensation Angeber
Tritt egozentrisch und grossspurig auf, als habe er besondere Rechte, zeigt dabei wenig Empathie; prahlt und sucht Bewunderung.
Überlegenheit
  Kontrolleur
Kann als Perfektionist auftreten, um Kritik oder Unglück zu vermeiden, oder als misstrauischer Kontrolleur, der andere und ihr Verhalten dauernd auf Indizien für Böswilligkeit hin überprüft.
Misstrauen
  Schikanierer und Angreifer
Schädigt andere kontrolliert und absichtlich verbal, emotional, sexuell oder physisch.
Kalte Wut

Kindliche Modi

Verletzbarkeit Einsames Kind
Fühlt sich wie ein einsames Kind, das nur dann Aufmerksamkeit bekommt, wenn es seinen Eltern alles recht macht. Fühlt sich leer, ungeliebt, nicht liebenswert.
Angst, Traurigkeit
  Verlassenes oder missbrauchtes Kind
Erlebt die schweren emotionalen Schmerzen und Ängste von Verlassenheit oder Missbrauch. Fühlt sich extrem verletzlich und allein und sucht nach einer fürsorglichen Elternfigur.
Scham
Ärger Ärgerliches Kind
Ist ärgerlich, wütend oder ungeduldig, weil seine (Grund-) Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Der Ärger wird unangemessen ausgedrückt, andere fühlen sich vor den Kopf gestossen.
Zorn
  Wütendes Kind
Rastet aus und ist blind vor Ärger und Wut, verletzt andere Menschen oder Dinge.
Hass
Mangel an Disziplin Impulsives Kind
Handelt impulsiv, um seine Bedürfnisse zu befriedigen ohne Rücksicht auf negative Konsequenzen.
Gier
  Undiszipliniertes Kind
Kann sich nicht dazu bringen, Routinearbeiten zu erledigen, gibt schnell auf. Wirkt oft verwöhnt.
Überdruss
Glück Glückliches Kind Fühlt sich geliebt und mit anderen verbunden, kann allein sein und spielt. Freude, Jubel

Dysfunktionale Elternmodi

  Strafender Elternteil
Innere Stimme, die den Patienten kritisiert und entwertet. Selbstkritik, Selbstverachtung, Selbstverletzungen und Suizidphantasien (wenn sie aus Selbsthass und nicht zur Selbstberuhigung entstehen) sind typisch für diesen Modus
Selbsthass
  Fordernder Elternteil
Fühlt sich nur durch Leistung, Disziplin und Perfektionismus akzeptiert. Vertritt auch die Ansicht, dass man bescheiden bleiben und sich nicht überheblich gebärden dürfe, Spontaneität und Äusserung eigener Wünsche sind unzulässig
Schuld

Modus des gesunden Erwachsenen

  Ist in der Lage, alle eigenen Modi selbst angemessen zu behandeln und zu integrieren. Kann erwachsenen Funktionen wie Übernahme von Verantwortung und Verpflichtungen ausfüllen, kann mitleiden, sich mitfreuen und seine Zeit lebenszielorientiert gestalten. Empathie

Abb. 2: Die Schemamodi (in Anlehnung an Lobbestael 2007 und Jacob 2009) mit den Leitemotionen

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